Diese einfache Praxis soll zahlreiche gesundheitliche Vorteile bieten – von verbesserter Verdauung bis hin zur Entgiftung des Körpers. Dieser Bericht untersucht die Tradition des Trinkens von lange gekochtem Wasser am Morgen, die zugrundeliegenden Prinzipien und die potenziellen gesundheitlichen Vorteile. 

Die ayurvedische Tradition des heißen Wassers

Im Ayurveda spielt die regelmäßige Aufnahme von heißem, abgekochtem Wasser eine fundamentale Rolle für die Gesundheitserhaltung. Diese jahrhundertealte Praxis basiert auf der Überzeugung, dass die Qualität und Temperatur des Wassers ebenso wichtig sind wie die konsumierte Menge. 


Die Bedeutung des Abkochens 

Durch das zehnminütige Kochen soll sich die Struktur des Wassers verändern. Ayurvedische Texte beschreiben, dass die Molekül-Cluster beim Kochen aufgebrochen und kürzer werden. Diese strukturelle Veränderung soll dem Wasser eine besondere Qualität verleihen, die im Ayurveda als "sukshma" (fein, subtil) bezeichnet wird. Durch diese Eigenschaft soll das Wasser tiefer in den Körper eindringen und eine bessere Reinigungswirkung entfalten können. Beim Abkochen wird das Wasser außerdem mit Energie angereichert, was seine Wirksamkeit verbessern soll. Im Wasser gelöste Stoffe wie Kalk werden dabei kristallisiert und können verdampfen, wodurch das Wasser gereinigt wird. Dieser Prozess unterscheidet sich grundlegend vom einfachen Erhitzen im Wasserkocher, weshalb empfohlen wird, das Wasser in einem offenen Topf abzukochen. 

Traditionelle Anwendungsmethoden 

Die ideale Vorgehensweise nach ayurvedischer Lehre besteht darin, das Wasser morgens für etwa zehn Minuten abzukochen und anschließend in eine Thermoskanne zu füllen. Dies ermöglicht es, den ganzen Tag über heißes Wasser zur Verfügung zu haben. Empfohlen wird, alle 30 Minuten kleine Mengen zu trinken – so heiß, wie es angenehm ist. Diese regelmäßige Aufnahme kleiner Wasser-mengen soll effektiver sein als die sporadische Aufnahme größerer Mengen. 

Die japanische Wasserkur als Morgenpraktik

Neben der ayurvedischen Tradition gibt es auch die sogenannte "japanische Wasserkur", die ebenfalls das Trinken von warmem Wasser am Morgen empfiehlt, jedoch mit etwas anderen Vorgaben. 

Ablauf der japanischen Wasserkur

Bei dieser Methode wird empfohlen, jeden Morgen direkt nach dem Aufstehen 640 ml warmes Wasser (etwa vier kleine Gläser) auf nüchternen Magen zu trinken. Falls dies anfangs schwerfällt, kann man mit einem Glas beginnen und die Menge allmählich steigern. Nach dem Wassertrinken sollte für 45 Minuten nichts gegessen werden, bevor das normale Frühstück eingenommen wird. Anders als beim ayurvedischen Ansatz wird hier lauwarmes statt heißem Wasser empfohlen, da sich dieses leichter trinken lässt. Bei der japanischen Methode wird außerdem empfohlen, nach jeder Mahlzeit für zwei Stunden nichts zu essen oder zu trinken. 

Gesundheitliche Vorteile von heißem Wasser am Morgen 

Sowohl die ayurvedische Tradition als auch moderne Gesundheitsansätze schreiben dem Trinken von heißem oder warmem Wasser, besonders am Morgen, zahlreiche positive Wirkungen zu. 

Verbesserung der Verdauung und des Stoffwechsels 

Ein zentraler Aspekt in der ayurvedischen Lehre ist die Stärkung von "Agni", dem Verdauungsfeuer. Das heiße Wasser soll dieses Feuer unmittelbar anregen, wodurch Nahrung besser verarbeitet und aufgenommen werden kann. Moderne Interpretationen bestätigen, dass warmes Wasser den Stoffwechsel anregt und so die Verdauung fördert. Während der Nacht verliert der Körper Flüssigkeit, und das Trinken von warmem Wasser am Morgen hilft, diesen Verlust auszugleichen und den Körper zu hydrieren. Im Gegensatz zu kaltem Wasser muss warmes Wasser nicht erst vom Körper auf Magentemperatur gebracht werden, wodurch Energie eingespart wird 

Entgiftung und Reinigung 

Eine weitere wichtige Funktion des heißen Wassers ist laut Ayurveda die Entgiftung des Körpers. Es soll dabei helfen, "Ama" (Stoffwechselrückstände) aus dem Körper zu spülen. Diese Rückstände werden im Ayurveda als Grundlage vieler Krankheiten angesehen. Das heiße Wasser soll so alle feinen Kanäle des Körpers durchdringen und dabei helfen, Ama und wasserlösliche Giftstoffe zu eliminieren. Auch in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wird warmes Wasser zur Entgiftung eingesetzt. Durch die erhöhte Temperatur können Schadstoffe im Körper leichter gelöst und abtransportiert werden. 

Kreislaufanregung und Energiesteigerung 

Das Trinken von warmem Wasser am Morgen kann den Kreislauf schnell in Schwung bringen und eine energetisierende Wirkung haben. Die leichte Erhöhung der Körpertemperatur regt den Kreislauf an und macht schneller wach. Ayurvedische Quellen beschreiben, dass heißes Wasser Müdigkeit entgegenwirkt und die "Lebensgeister" weckt. 

Hautgesundheit und Körperpflege von innen 

Regelmäßiges Trinken von heißem Wasser soll laut ayurvedischer Tradition zu einer strahlenden Haut beitragen. Moderne Studien unterstützen dies teilweise: Eine Studie ergab, dass 500 Milliliter Wasser auf leeren Magen die Durchblutung maßgeblich anregen und so die Haut zum Strahlen bringen können. Flüssigkeitsmangel kann zu frühzeitigen Falten und großen Poren führen. Ausreichend Flüssigkeit ist zudem wichtig für gesundes Haar, da Wasser zu einem Viertel das Gewicht der Haare ausmacht und sie von innen mit Feuchtigkeit versorgt. 

Die korrekte Anwendung und Personalisierung

Die ayurvedische Tradition empfiehlt eine individualisierte Anwendung des heißen Wassers, je nach persönlichen Bedürfnissen und Konstitutionstyp. 

Zubereitung und Konsum 

Für die optimale Wirkung sollte das Wasser in einem offenen Topf für 10 Minuten gekocht werden. Nach dem Abkochen kann es in eine Thermoskanne gefüllt werden, um über den Tag verteilt konsumiert zu werden. Einige Experten empfehlen, die Kanne zunächst 10-15 Minuten offen stehen zu lassen, damit das Wasser nicht mehr zu heiß ist. Für zusätzliche gesundheitliche Vorteile können auch Gewürze wie Kurkuma zum Wasser hinzugefügt werden. Diese Zusätze können durch das längere Mitkochen eine intensivere Wirkung entfalten und durch ihren Geruch und Geschmack zusätzlich positive Effekte erzielen. 

Anpassung an individuelle Bedürfnisse 

Im Ayurveda wird die Wassermenge an den individuellen Konstitutionstyp (Dosha) angepasst. Menschen mit Pitta-Dominanz haben generell mehr Durst als Kapha-dominierte Typen und sollten daher mehr trinken. Auch Faktoren wie Alter, Jahreszeit, Stress und Arbeitspensum spielen eine Rolle bei der Bestimmung der idealen Wassermenge. Für verschiedene Konstitutionstypen werden unterschiedliche Kochzeiten empfohlen: Vata-Typen sollten das Wasser 10 Minuten kochen lassen, bis es sich im Topf um ein Viertel reduziert hat, während für Pitta-Menschen etwa 15 Minuten empfohlen werden. 

Wissenschaftliche Betrachtung und moderne Erkenntnisse

Obwohl viele der traditionellen Annahmen über die Wirkungen von heißem Wasser wissenschaftlich nicht umfassend belegt sind, gibt es einige moderne Erkenntnisse, die bestimmte Aspekte unterstützen. 

Physiologische Wirkungen von warmem Wasser

Aus physiologischer Sicht kann warmes Wasser die Blutgefäße erweitern, was zu einer verbesserten Durchblutung führt. Diese Vasodilatation kann dazu beitragen, dass das Wasser schneller in den Magen gelangt und dort die Verdauung unterstützt. Warmes Wasser kann auch die Stoffwechselrate um bis zu 24 Prozent erhöhen, was ein besseres Verdauungssystem bedeutet und möglicherweise auch beim Abnehmen helfen kann. Im Gegensatz zu kaltem Wasser, das erst auf Körper-temperatur gebracht werden muss, verbraucht warmes Wasser weniger gespeicherte Körperenergi 

Anwendung bei spezifischen Beschwerden

Warmes Wasser kann bei verschiedenen Beschwerden lindernd wirken. Es kann Sodbrennen und Magenverstimmungen lindern, indem es die Magensäure verdünnt. Zudem kann es bei Nasenschleim hilfreich sein, da es sowohl die Schleim-ansammlung verringert als auch das Wachstum von Viren oder Bakterien hemmen kann. Die japanische Wasserkur wird für verschiedene Erkrankungen mit unter-schiedlichen Anwendungsdauern empfohlen: 30 Tage für Bluthochdruck, 10 Tage für Magenprobleme, 30 Tage für Diabetes und 10 Tage für Verstopfung. 

Fazit

Das Trinken von lange gekochtem Wasser am Morgen ist eine einfache, aber potenziell wirkungsvolle Praxis, die tief in der ayurvedischen Tradition verwurzelt ist. Die Methode des zehnminütigen Abkochens soll die Struktur des Wassers verändern und ihm besondere Eigenschaften verleihen, die seine gesundheitliche Wirkung verstärken. Die behaupteten Vorteile reichen von verbesserter Verdauung und Stoffwechsel über Entgiftung und Reinigung bis hin zu gesteigerter Energie und verbesserter Hautgesundheit. Während einige dieser Vorteile durch moderne wissenschaftliche Erkenntnisse teilweise unterstützt werden, basieren andere hauptsächlich auf traditionellem Wissen und Erfahrungswerten. Für Menschen, die nach einfachen, natürlichen Methoden zur Verbesserung ihrer Gesundheit suchen, könnte das morgendliche Trinken von heißem, lange gekochtem Wasser eine lohnenswerte Ergänzung zum täglichen Routine sein. Die Praxis ist einfach umzusetzen, kostengünstig und kann individuell angepasst werden. Wie bei allen gesundheitsbezogenen Praktiken ist es jedoch ratsam, auf die eigenen Körpersignale zu achten und bei bestehenden gesundheitlichen Problemen ärztlichen Rat einzuholen.